Zeitungsartikel: Karate ist eine Lebenseinstellung
Geldern - In diesem Jahr blickt der Gelderner Karate-Verein Okinawa-te auf 50 Jahre Vereinsgeschichte zurück. Eine Erfolgsstory, die sehr eng mit dem Namen Richard Froeschke verbunden ist.
„Als Schuljunge und auch noch später als jungen Mann habe ich immer Schruppe von den anderen gekriegt“, erzählt Richard Froeschke, „ich war ja nur ein Hänfling, bin lieber weggerannt, war schüchtern und konnte mich nicht wehren.“ Diese Zeiten gehören seit einem halben Jahrhundert der Geschichte an und gerne erinnert sich Mr. Karate an die Anfänge, als der Karate-Sport in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte.
„Die Judoabteilung des TuS Gelria 09 hatte eine Karatevorstellung organisiert. Das war 1969. Davon war ich einfach nur begeistert. Das wollte ich auch können“, sagte Froeschke. Schon ein Jahr später, genau am 23. Sept. 1970, fand das erste Training mit der neu gegründeten Karategruppe statt und 1973 wurde der gelernte Schmied und Schlosser zum Vorsitzenden des Vereins gewählt – eine Herrschaft, die noch heute Bestand hat.
„16 oder 17 Mann waren wir am Anfang und Richard hat uns trainiert“, wusste Christoph Schmitz, der seit 1977 für die Finanzen im Verein zuständig ist, zu erzählen, „und nach dem Training hat er gegen jeden Einzelnen noch ein Kampf gemacht. Damals war Karate kein „Kindersport“. Da kam es auch vor, dass der ein oder andere an die Wand getreten wurde.“
„Karate ist kein Hobby, es ist eine Lebenseinstellung“ – eine Weisheit, die sowohl für den Karateka, als auch für die Privatperson Richard Froeschke, der stets einen gesteigerten Wert auf die Einhaltung der Karate-Etikette gelegt hat, nicht besser hätten formuliert werden können: „Damit meine ich zum Beispiel den gegenseitigen Respekt, die Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme, aber auch Pünktlichkeit und Höflichkeit. Man könnte es in etwa mit den christlichen zehn Geboten vergleichen.“
Bei einer Prüfung zum 2. Kyu Braungurt bescheinigte ihm der Prüfer Wolfang Brockers Schwächen beim Ushiro Geri, einem schwer abzuwehrenden Rückwärtsfußtritt. Das hätte der Prüfer besser nicht gemacht. Über Monate trainiert Froeschke bis zur Perfektion diesen einen Fußtritt und wurde dafür auf Deutschlands Kampfmatten gefürchtet – und wenn in Wettkämpfen der Bremsweg nicht stimmte, konnte es durchaus vorkommen, dass der Gegner abhob und unfreiwillig die Matte verlassen musste.
Der mittlerweile 70-jährige Geldrianer hat wie kaum ein anderer Pionierarbeit für eine Sportart geleistet. Die Vereinsmitglieder schätzen sein Engagement und respektieren ihn als Vereinsboss, auch wenn er in dieser Eigenschaft eine zweite Meinung nicht gerne zulässt. Seine Qualitäten als Trainer sind unumstritten. Von Froeschke trainierte Probanden bestehen im Normalfall ihre Prüfungen. Er ist dabei fordernd, aber im gleichen Maße auch fördernd und erwartet von seinen Schützlingen von Anfang an vollen Einsatz und eiserne Disziplin. Sein Ruf als „harter Hund“ scheint in diesem Zusammenhang nicht unberechtigt zu sein. „Positive Motivation gehört nicht unbedingt zu seinen Stärken“, ergänzte Ehrenmitglied Hans-Jürgen Wemmers mit einem Lächeln.
Für den Karatemeister hat der Sport immer an erster Stelle gestanden, oft sogar vor der Familie. Seit er seine zweite Frau kennengelernt hatte, ist er etwas ruhiger geworden. 51 Jahre harte Arbeit im Stahlhallenbau sind nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Beide Knie sind kaputt und der Rücken spielt auch nicht mehr mit. „Ohne meinen Sport wäre ich noch schlechter dran, haben mir meine Ärzte gesagt.“
Ein medizinischer Eingriff könnte ihn wieder mobilisieren, doch da kommt der kleine Hänfling von damals wieder durch, der immer weggerannt ist — denn seit Jahren drückt sich der große Meister des Kampfsports vor einer Knieoperation.
Info: Seit 1973 Vorsitzender des Vereins
- 1970 Mitbegründer der Karategruppe
- 1973 Vereinsvorsitzender bis heute
- 1976 1. Dan (Schwarzgurt)
- 1980 Bundeskampfrichter
- 1982 A-Lizenz als Trainer
- 1997 4. Dan
- 2003 Plakette in Gold des Karate-Dachverbandes
- 2008 5. Dan
- 2010 A-Prüfer bis 5. Dan und Willy-Probst-Medaille für die Sportförderung am Niederrhein
Quelle: Rheinische Post - Heinz Spütz
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